Auswirkungen des Coronavirus auf Schifffahrt: Allianz warnt vor Risiken für aufgelegte Schiffe

Pressemitteilung | 28. Mai 2020 | München 
  • Neue Studie der Allianz Global Corporate & Specialty: Einschränkungen bei Lieferketten und im internationalen Reiseverkehr haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Schifffahrtsbranche.
  • Da die Covid-19-Pandemie die Ablösung der Besatzungen erschwert, drohen Überlastung und Erschöpfung der Seeleute – eine Hauptursache für menschliches Versagen an Bord.
  • Verzögerungen bei Inspektionen und Wartung oder bei der Versorgung mit Schmierstoffen können die technische Sicherheit beeinträchtigen.
  • Der Beginn der Hurrikansaison im Nordatlantik kann potenzielle Risiken für eine beträchtliche Anzahl großer Kreuzfahrtschiffe darstellen, die vor der Ostküste der USA vor Anker liegen.

Einschränkungen bei Lieferketten und im internationalen Transport- und Reiseverkehr als Folge der Coronavirus-Pandemie haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Schifffahrtsindustrie, wie eine neue Publikation der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), dem Industrieversicherer der Allianz, hervorhebt. Während die üblichen Risiken auf hoher See durch das Aufliegen von Schiffen in vielen Fällen zurückgegangen sind, bringt die aktuelle Situation eine Reihe von neuen Herausforderungen.

„Wenn das Aufliegen von Schiffen nicht ordnungsgemäß erfolgt, können Probleme bei der Wiederinbetriebnahme auftreten. Zudem wird die Besatzung von noch aktiven Schiffen aufgrund von Reisebeschränkungen stärker beansprucht. Nicht erfolgte Ablösungen der Crews können körperliche und geistige Erschöpfung hervorrufen und sich auf die Sicherheit an Bord auswirken. Menschliches Versagen gilt als eine der Hauptursachen für Schadensfälle in der Schifffahrt“, sagt Volker Dierks, der bei der AGCS für die Schiffsversicherung in Zentral- und Osteuropa zuständig ist.

Weitere neue Risiken: Verzögerungen bei der Wartung und Inspektion von Schiffen und der Notfallausrüstung können dazu führen, dass mögliche Gefahren unentdeckt bleiben. Durch unterbrochene Versorgungsketten können zudem Schmier- und andere Gebrauchsmittel nicht rechtzeitig an Bord eintreffen bzw. regelmäßige Treibstoffproben nur mit Verzögerung in Laboren an Land untersucht werden. Die Folge können Maschinenschäden sein, wenn falsche Alternativen verwendet werden. 

Ein Schiff gilt als aufgelegt, wenn es aus dem Verkehr gezogen wird und für eine beträchtliche Zeit an einem festen Ort vor Anker liegt. Bei einem so genannten „Warm-Lay-up“ haben Schiffe noch immer eine Besatzung an Bord und können relativ schnell wieder fahrbereit sein. Bei einem „Cold-Lay-up“ wird eine Stammbesatzung für Aufgaben wie die Wartung beibehalten, die meisten Systeme werden aber abgeschaltet. Die Wiederinbetriebnahme eines Schiffes erfordert Zeit und umfangreiche Tests; die Kosten sind zudem beträchtlich.  

„Bei einem längeren Cold Lay-up kann die Wiederinbetriebnahme sogar zu einem ungeplanten Werftaufenthalt führen. Daher sind umfassende Vorkehrungen und Pläne einschließlich umfangreicher Risikobewertungen, die das Aufliegen umfassen, entscheidend, um die Sicherheit des Schiffes während der Aufliegezeit und die anschließende Wiederinbetriebnahme zu gewährleisten“, erklärt Volker Dierks.

Die Schiffseigner sollten bei der Ausarbeitung dieses Plans die von den Klassifikationsgesellschaften und P&I-Clubs zur Verfügung gestellten Leitfäden und Checklisten beachten. Der Aufliegeplan sollte ein klares Bild der orts- und schiffstypspezifischen Risiken vermitteln, wie z.B. die Gefährdung durch Wind, Strömung etc. So gibt es eine beträchtliche Anzahl großer Kreuzfahrtschiffe, die vorübergehend an der Ostküste der USA vor Anker liegen. Der Beginn der Hurrikansaison im Nordatlantik kann potenzielle Risiken für diese Schiffe darstellen, wenn sie nicht schnell aus der Gefahrenzone gebracht werden können.

Die Wartung der Hauptmaschinen, der nautischen Ausrüstung und der Feuerlöschvorkehrungen sowie die Verfügbarkeit von Schleppern im Notfall sollten ebenfalls zu den Schwerpunktbereichen des Plans gehören.

Reisebeschränkungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie haben den Austausch der Besatzung auf Schiffen erschwert. In vielen Fällen arbeiten die Crews schon seit Monaten länger als üblich an Bord. Zusammen mit der Sorge um die Familien zu Hause kann diese Überlastungssituation bei Seeleuten zu körperlicher und geistiger Erschöpfung führen. Es wird geschätzt, dass 75% bis 96% der Zwischenfälle auf See auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Übermüdung ist eine der Hauptursachen dafür.

„Eine gezielte Anpassungen der Arbeits- und Ruhezeiten hilft Erschöpfung vorzubeugen", sagt Anastasios Leonburg, Senior Risk Consultant Marine bei AGCS CEE. „Die Einstellung von lokal verfügbaren Seeleuten kann in einigen Fällen eine weitere Option sein.“

Klassifikationsgesellschaften haben Schwierigkeiten, die Teilnahme an geplanten Besichtigungen zu organisieren, was die Gültigkeit der Klassifikation und der gesetzlichen Zertifizierung von Schiffen beeinträchtigen kann. Zudem kann auch die Wartung kritischer Ausrüstung auf einigen Schiffen möglicherweise nicht in den geplanten Intervallen stattfinden, da Servicetechniker nicht verfügbar sind. Weniger Arbeitskräfte und die Umsetzung von Kontaktbeschränkungen in den Werften führen ebenfalls zu Verzögerungen, auch die Zahl der Inspektionen der Hafenbehörden werden zurückgehen. „Durch ausbleibende Inspektionen könnten Risiken unentdeckt bleiben. Gerade für die Notfallausrüstung wie Feuerlöscher empfehlen wir zusätzliche Kontrollmaßnahmen“, sagt Leonburg.

Die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) ist ein weltweit führender Anbieter von Industrieversicherungen und eine wichtige Geschäftseinheit der Allianz Gruppe. Wir bieten – über zehn speziellen Versicherungssparten – RisikoberatungSchaden- und Unfallversicherung und alternativen Risikotransfer für ein breites Spektrum von Firmen-, Industrie und Spezialrisiken.

Unsere Kunden sind so vielfältig wie die Wirtschaft. Sie reichen von den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt über kleine Firmen bis hin zu Privatpersonen. Darunter sind führende Konsumgütermarken, Technologieunternehmen und die globale Luft- und Schifffahrtsindustrie ebenso wie Weinkellereien, Satellitenbetreiber oder Hollywood-Filmproduktionen. In einem dynamischen, multinationalen Geschäftsumfeld suchen sie bei der AGCS nach intelligenten Antworten für ihre größten und komplexesten Risiken und vertrauen auf unsere hervorragende Leistung im Schadensfall.

Weltweit beschäftigt die AGCS 4.300 Mitarbeiter an eigenen Standorten in 33 Ländern und ist über das Netzwerk der Allianz Gruppe oder von Partnern in über 200 Ländern und Gebieten vor Ort. Als eine der größten Schaden- und Unfallversicherungseinheiten der Allianz Gruppe verfügen wir über starke und stabile Finanzratings. Im Jahr 2019 erwirtschaftete die AGCS weltweit Bruttoprämien in Höhe von insgesamt 9,1 Milliarden Euro.

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