Schadentrends in der Seeversicherung – von Feuer bis Inflation

Pressemitteilung | 22. November 2022 | München
  • Feuer, Kollisionen und das Sinken von Schiffen sowie beschädigte Ladung sind die wertmäßig häufigsten Ursachen für Schäden in der Schifffahrts- und Transportversicherung 
  • Analyse von Allianz Global Corporate & Specialty von mehr als 240.000 Schadensfällen im Wert von 9,2 Milliarden Euro
  • Die Inflation verstärkt bestehende Trends zu schwereren Schadensfällen.
  • Steigende Preise für Stahl und Ersatzteile sowie steigende Arbeitskosten verteuern Kaskoreparaturen und Maschinenschäden.
  • Der Klimawandel führt zu neuen Schadenszenarien durch extreme Wetterereignisse und bedingt neue Risiken durch emissionsärmere Technologien.

Feuer- und Explosionen verursachen die teuersten Versicherungsansprüche in der Schifffahrtsbranche, während Transportschäden die häufigste Schadensursache darstellen, so Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). Der Transport- und Schifffahrtsversicherer analysierte zwischen Januar 2017 und Dezember 2021 weltweit mehr als 240.000 Schadenfälle im Wert von rund 9,2 Milliarden Euro und hat eine Reihe von Schaden- und Risikotrends identifiziert, die zu einer höheren Schadenbelastung in der Schifffahrtsbranche führen. Die Inflation ist ein weiteres wichtiges Thema für Schiffsversicherer und ihre Kunden, da die jüngsten Wertsteigerungen bei Schiffen und Ladungen dazu führen, dass Schäden und Reparaturen bzw. Ersatz teurer werden.

„Die Zahl der Brände an Bord großer Schiffe hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Diese hängen häufiger mit der Ladung zusammen und können leicht zum Totalverlust eines Schiffes oder zu Umweltschäden führen können", sagt Régis Broudin, Global Head of Marine Claims bei AGCS. „Gleichzeitig muss sich die Schifffahrtsbranche auch mit vielen anderen Herausforderungen auseinandersetzen, darunter Probleme in der Lieferkette, Inflation, unter Zeitdruck arbeitende Crews, zunehmende Schäden durch Extremwetter, die Einführung neuer emissionsarmer Technologien und Kraftstoffe sowie die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine."

Auf Brände entfielen 18 % des Werts der analysierten Schiffsschäden (entspricht etwa 1,65 Mrd. EUR), verglichen mit 13 % im Fünfjahreszeitraum bis Juli 2018. Ein Faktor, der zu diesem Anstieg des Brandrisikos an Bord von Schiffen beigetragen hat, ist häufig die Falsch- bzw. Nichtdeklaration (gefährlicher) Ladung, während die jüngste Zunahme von Bränden im Maschinenraum möglicherweise auf mangelnde Kompetenzen der Besatzung hindeutet. Zudem drohen potenzielle Brandgefahren durch den wachsenden Transport von Lithium-Ionen-Batterien auf Schiffen; hier empfiehlt  AGCS Maßnahmen zur Schadensverhütung. [1]

In vielen Ländern liegt die Preissteigerung bei rund 10 %. Diese Inflation verstärkt bestehende Trends, die zu schwereren Schäden führen. Die steigenden Stahl-, Ersatzteil- und Arbeitskosten sind allesamt Faktoren, die Kaskoreparaturen und Maschinenschäden verteuern.

Darüber hinaus ist der Wert von Schiffen und Ladung in einer Zeit gestiegen, in der die Risiken im Zusammenhang mit größeren Schiffen, von denen die größten 20.000 Container auf einmal transportieren können, zunehmen. Der Gesamtwert der weltweiten Handelsflotte erhöhte sich im Jahr 2021 [2] um 26 % auf 1,2 Billionen USD, während der durchschnittliche Wert der Containersendungen mit mehr hochwertigen Waren wie Elektronik und Pharmazeutika ebenfalls gestiegen ist. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Container hochwertige Arzneimittel mit einem Wert von 50 Mio. $-Dollar oder mehr beinhaltet. 

Wie die AGCS-Analyse zeigt, sind beschädigte Transportgüter und -waren die häufigste Ursache für Seeversicherungsansprüche und die drittgrößte nach Wert. Bei den häufigsten Schäden handelt es sich um Sachschäden, die in der Regel auf unsachgemäße Handhabung, Lagerung und Verpackung zurückzuführen sind. In den letzten Jahren gab es jedoch auch eine Reihe von Schadensfällen mit hohem Wert durch Diebstahl und Temperaturschwankungen – letztere können besonders Pharmazeutika betreffen. Diebstahl ist eine weitere häufige Schadensursache, wobei es die Kriminellen besonders auf Unterhaltungselektronik und Rohstoffe wie Kupfer abgesehen haben. Die Ladung wird in der Regel in Häfen, Lagern oder während des Transits gestohlen. 

„Das Risiko des Diebstahls und der Beschädigung von hochwertigen Gütern sollte mit zusätzlichen Maßnahmen zur Risikominderung angegangen werden, wie z. B. GPS-Tracker und Sensoren, die in Echtzeit Position, Temperatur, Eindringen von Feuchtigkeit oder Licht oder Zutritt zum Frachtraum überwachen“, sagt Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting bei AGCS. „Gleichzeitig müssen die Frachtunternehmen die versicherten Werte genau im Auge behalten. Kunden müssen unter Umständen ihre Versicherungs- und Policenlimits anpassen oder riskieren, unterversichert zu sein. Wir haben bereits Schadensfälle für hochwertige Containerladungen gesehen, bei denen der Ladungsinteressent um bis zu 20 Mio. $-Dollar unterversichert war."

AGCS identifiziert in der Analyse auch eine Reihe von Risikotrends, die sich auf die Schadenaktivität im Schifffahrtssektor auswirken könnten:

  • Störszenarien nehmen weiter zu: In den letzten Jahren haben eine Reihe von Zwischenfällen auf See, Naturkatastrophen, Cyberangriffe und die Covid-19-Pandemie zu erheblichen Verzögerungen in der Schifffahrt und in den Häfen geführt. Weitere Störungen wurden durch Überlastung, Arbeitskräftemangel und eingeschränkte Containerkapazitäten verursacht. An Bord großer Containerschiffe und in großen Häfen ist das Frachtrisiko stärker konzentriert, so dass jeder Zwischenfall gleichzeitig große Mengen an Fracht und zahlreiche Unternehmen betreffen kann.
  • Kommerzieller Druck ist bei vielen Schadensfällen mit im Spiel. Angesichts des hohen Zeitdrucks, der derzeit auf Schiffsbesatzungen und Hafenmitarbeitern lastet, sind manche versucht, Probleme zu ignorieren oder vermeintlich zeitsparenden Abkürzungen zu nehmen. 
  • Der Klimawandel wirkt sich zunehmend auf die Schadensfälle in der Seefahrt aus: Naturkatastrophen sind laut einer AGCS-Analyse bereits die fünftgrößte Ursache für Seeversicherungsschäden, sowohl was die Häufigkeit als auch die Schwere der Schäden betrifft. Extreme Witterungsbedingungen trugen allein im Jahr 2021 zu mindestens 25 % der 54 gemeldeten Schiffsverluste bei, während die Dürre in Europa im Jahr 2022 die Schifffahrt auf dem Rhein erneut erheblich beeinträchtigte. In den USA sank der Wasserstand auf den Binnenwasserstraßen rund um den Mississippi auf ein Niveau, das seit Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurde, und beeinträchtigte den weltweiten Transport von Nutzpflanzen wie Getreide.
  • Nachhaltigkeit im Schifffahrtssektor ist notwendig, birgt aber auch Risiken: Die Bemühungen um die Dekarbonisierung der Schifffahrtsindustrie, die maßgeblich zu den weltweiten Treibhausgasemissionen beiträgt, werden sich auf künftige Schadenszenarien auswirken. Die Verringerung der Treibhausgasemissionen erfordert, dass die Schifffahrtsindustrie neue Formen des Antriebs und der Schiffskonstruktion entwickelt und alternative Kraftstoffe verwendet. Dies ist zwar notwendig, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Welt zu vollziehen, kann aber auch unerwartete Folgen haben. Die Versicherer haben in den letzten Jahren bereits eine Reihe von Schadensfällen wegen Maschinenausfällen und verunreinigtem Treibstoff im Zusammenhang mit der Einführung von schwefelarmem Öl zur Senkung der Schwefeloxidemissionen verzeichnet. Maschinenausfälle sind bereits die viertgrößte Schadensursache nach Häufigkeit und Wert. 
  • Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine: Die Schifffahrtsindustrie wurde durch den Verlust von Menschenleben und Schiffen im Schwarzen Meer, durch festgehaltene Schiffe in blockierten ukrainischen Häfen und durch die wachsende Belastung durch Sanktionen in Mitleidenschaft gezogen. Obwohl die Unterzeichnung der „Black Sea Grain"-Initiative im Juli 2022 es einigen in den Häfen festsitzenden Schiffen ermöglichte, das Konfliktgebiet zu verlassen, sind andere weiter blockiert. Der Gesamtwert dieser festsitzenden Schiffe ist unklar, aber Branchenberichten zufolge könnte er sich auf bis zu 1 Milliarde Dollar belaufen. Im Rahmen einiger Schiffskasko- und Frachtversicherungspolicen kann ein Versicherter einen Totalverlust geltend machen, wenn eine bestimmte Zeit verstrichen ist, seit das Schiff bzw. die Ladung blockiert wurde. 

Ausführliche Informationen finden Sie hier: Globale Schadentrends Schiffs- und Transportversicherung.

[1] Allianz Global Corporate & Specialty, Lithium-ion Batteries: Fire Risks and Loss Prevention Measures in Shipping
[2] Splash 247.com, Value of the Global Merchant Fleet Hits an All-Time High, August 23, 2021

Allianz Commercial ist das Kompetenzzentrum und die globale Sparte der Allianz Gruppe für die Versicherung von mittelständischen Unternehmen, Großunternehmen und Spezialrisiken. Zu unseren Kunden zählen die weltweit größten Verbrauchermarken, Finanzinstitute und Industrieunternehmen, die globale Luft- und Schifffahrtsindustrie sowie Familienbetriebe und mittelständische Unternehmen, die das Rückgrat der Wirtschaft bilden. Wir decken auch einzigartige Risiken wie Offshore-Windparks, Infrastrukturprojekte oder Hollywood-Filmproduktionen ab.

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Unter dem Markennamen Allianz Commercial sind das Großkundenversicherungsgeschäft der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) und das Gewerbeversicherungsgeschäft der nationalen Allianz Property & Casualty-Einheiten für mittelständische Unternehmen zusammengefasst. Wir sind in über 200 Ländern und Territorien entweder mit eigenen Teams oder über das Netzwerk der Allianz Gruppe und Partner vertreten. Im Jahr 2022 erwirtschaftete das integrierte Geschäft der Allianz Commercial weltweit mehr als 19 Milliarden Euro Bruttoprämien.


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