Ein Shitstorm, Cyberangriffe oder Fake News – es muss nicht viel passieren, und schon hängt die Reputation eines Unternehmens am seidenen Faden. Eines der größten Risiken für ein Unternehmen ist der Verlust seines guten Namens. Bisher konnte man sich dagegen nicht versichern – doch das ändert sich jetzt.

In den vergangenen Jahren hat der Ruf zahlreicher Unternehmen unter Firmenskandalen gelitten. Aufgrund von Umweltereignissen, Arbeitsunfällen, Prozessen und anderen Vorfällen landete so mancher Name in den Schlagzeilen der Medien, Shareholder Value wurde vernichtet und Karrieren fanden ein jähes Ende.

„Noch in den 1970er Jahren war der Wert eines Unternehmens in erster Linie physischer Natur“, erklärt Susan Crabtree, Regional Head of Product Development, Financial Lines and Entertainment bei der AGCS. „Aber im 21. Jahrhundert spielen für den Wert einer Firma weniger konkrete Sachobjekte als vielmehr immaterielle Güter eine Rolle – wie zum Beispiel geistiges Eigentum, Daten und Reputation.“

Solche Vermögenswerte sind schwer zu definieren und lassen sich erst recht nicht auf Heller und Pfennig beziffern. Aber wenn schlechte Nachrichten die Runde machen und ein Unternehmen in Misskredit der Öffentlichkeit gerät, wird dieser Wert sichtbar – denn die Reputation eines Unternehmens kann in atemberaubender Geschwindigkeit abstürzen. So hat der Finanzdienstleistungsriese Equifax bis zum heutigen Tage 1,4 Mrd. USD ausgegeben, um die Folgen seiner verheerenden Datenpanne im Jahre 2017 – von der die Hälfte aller US-Bürger betroffen war – zu beheben und seine IT-Sicherheit auf den neuesten Stand zu bringen [1].
Die Reputation eines Unternehmens kann sich nach einer Krise schnell wandeln - aber ein gutes Risikomanagement kann einen Unterschied machen. Foto: Adobe Stock.
  • Cyberangriffe, ein Shitstorm in den sozialen Medien oder unternehmerisches Fehlverhalten können die Reputation eines Unternehmens gefährden – und große Verluste hervorrufen
  • Selbst größere Unternehmen, die in Sachen Reputationsrisikomanagement über geeignete Verfahren und geschulte Mitarbeiter verfügen, können angesichts der Geschwindigkeit und der Tragweite einer Krise überfordert sein
  • Laut Schätzungen wirken sich Reputationskrisen heute doppelt so stark auf die Aktienkurse aus, wie vor dem Aufkommen der sozialen Medien
  • Ein neues Allianz Produkt bietet neben Beratungs- und Serviceleistungen auch die Deckung des entgangenes Gewinns infolge eines Reputationsereignisses

Die Erträge des Unternehmens in Höhe von 300 Mio. USD sind dann im Jahre 2018 gegenüber 2017 um 49 % gefallen [2] und der Aktienpreis stürzte in nur einer Woche nach Bekanntwerden des Vorfalls um 31 % ab und vernichtete dadurch ein Marktkapital von 5 Mrd. USD. Ein Jahr später, d.h. im dritten Quartal 2018 [3], brach der Kurs sogar um 60 % ein und zum Ende des ersten Quartals 2019 lag er noch einmal rund 15 % niedriger. [4]

Negative Compliance-Ereignisse können sich rasch in einen Reputationsschaden verwandeln. Ein Cyberangriff, der Nutzerdaten gefährdet, setzt Unternehmen heutzutage angesichts der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) immensen Strafzahlungen aus. So will die britische Datenschutzbehörde (Information Commissioner's Office) gegen British Airways für eine Verletzung der Datensicherheit einer halben Million Kunden eine Geldstrafe von 230 Mio. USD verhängen. Und gegen die Hotelkette Marriott ging die Behörde aufgrund eines Datenverlustes von 339 Mio. Übernachtungsgästen mit einer Geldbuße von 123 Mio. USD vor. [4] (Beide Unternehmen beabsichtigen, Rechtsmittel gegen die verhängten Strafen einzulegen.) Die angekündigten Summen mögen allerdings im Vergleich zu dem, was die irische Datenschutzkommission (Irish Data Protection Commission) Facebook, Google und Apple Ende 2019 aufbürden könnte – Gerüchten zufolge geht es um Milliardenbeträge – geringfügig erscheinen.

Unternehmen können bei der stärkeren Inanspruchnahme von Outsourcing für die Fehltritte ihrer Subunternehmer verantwortlich gemacht werden. So gerieten 2012 nach einem Brand in einer Fabrik in Bangladesch, bei dem 112 Arbeiter zu Tode kamen, bekannte Textilmarken und -einzelhändler aufgrund schlechter Arbeitsbedingung in der Bekleidungsproduktion in die Schlagzeilen. 

Abgesehen von etwaigen Geldstrafen wird ein Unternehmen, dessen Name in den sozialen Medien die Runde macht, empfindliche Einbußen bei seinem Geschäftsergebnis feststellen.  Man muss nicht besonders lange nachdenken, um eine ganze Reihe von Unternehmen aufzuzählen, deren Reputation im Netz zunichte gemacht wurde, darunter auch Luftfahrtgesellschaften, Banken, Kfz-Hersteller und gemeinnützige Einrichtungen. Eine Untersuchung von Pentland Analytics und Aon aus dem Jahre 2018 ermittelte, dass sich Reputationsereignisse nun doppelt so stark auf die Aktienkurse auswirken wie vor dem Auftauchen der sozialen Medien. [6]

„Im Zeitalter der sozialen Medien kann sich ein noch so kleines Vorkommnis oder sogar eine Falschmeldung (Fake News) blitzschnell weltweit ausbreiten und Markenwert in nur wenigen Sekunden zerstören“, so Steffen Lochner, Financial Lines Underwriter bei der AGCS.  

Es wird geschätzt, dass mehr als ein Viertel der Reputationskrisen sich innerhalb einer Stunde und mehr als zwei Drittel sich innerhalb von 24 Stunden ausbreiten.

Ein steigendes Bewusstsein hinsichtlich des potenziellen Schadens für Unternehmen durch die Beeinträchtigung der Reputation zeigt sich auch in den Ergebnissen des Allianz Risk Barometers 2019, einer jährlich durchgeführten Befragung von Risikomanagern, Maklern, Versicherungsfachleuten und Allianz Experten, bei der die Reputation mit 13 % der Antworten als das neuntgrößte Risiko eingeschätzt wurde. „In der Tat sind Reputationsrisiken einmalig, weil sie mit allen anderen Risiken in Zusammenhang stehen – auch durch die Wirkung von sozialen Medien und ähnlicher Phänomene“, so Lochner.

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Effektive Planung und das Krisenmanagement haben bei Reputationskrisen eine wesentliche Bedeutung erlangt. Die Marke eines Unternehmens macht Schätzungen zufolge fast ein Viertel (24 %) seines Werts aus. [8] Pentland Analytics geht davon aus, dass ein Unternehmen im Jahr nach der Rufschädigung nahezu 30 % seines Aktienwerts verlieren kann. Es steht also viel auf dem Spiel, wenn es zu einer Krise kommt.

Nimmt eine Krise ihren Lauf, können Geschwindigkeit und Reichweite in unserem heutigen 24/7-Nachrichtenzyklus leider selbst größere Unternehmen überfordern, die eigentlich über geeignete Verfahren und geschulte Mitarbeiter für das Reputationsrisikomanagement verfügen.

In der jüngeren Vergangenheit hat die Zahl der Versicherer zugenommen, die die Kosten zur Minimierung eines Reputationsschadens abfedern. Deren Produkte waren jedoch häufig auf spezifische Märkte beschränkt oder deckten nur die Kosten für die Bewältigung der Reputationskrise, jedoch nicht den Wertverlust des Unternehmens, den dieses Ereignis ausgelöste.

„Der Markt hat bisher eigentlich nur Stückwerk-Lösungen geboten“, meint Joachim Albers, Head of Product Development, Financial Lines bei der AGCS. „Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass bestehende Produkte zwar die Beauftragung von Krisenmanagement-Agenturen ermöglichen, aber die Unternehmen nicht für die finanziellen Ertragsausfälle, die sie möglicherweise infolge des Ereignisses erleiden, entschädigt werden.“

Ein neues Produkt, das Albers gemeinsam mit den regionalen Experten der AGCS entwickelt hat, berücksichtigt genau diesen Aspekt. Allianz Reputation Protect PLUS bietet Unternehmen eine effektive Möglichkeit, die Krisenkommunikationsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die sie benötigen, um die komplexen und heiklen Fragestellungen, die in einer Krisensituation auftauchen können, professionell zu meistern.

„Wenn man sich für das optionale ,PLUS‘-Element entschieden hat, wird dem Unternehmen angesichts des unvermeidlichen Reputationsschadens eine Entschädigung für den aufgrund des Krisenereignisses entgangenen Gewinn geboten – und zwar überall auf der Welt“, präzisiert Crabtree. Bei der Berechnung des finanziellen Schadens orientiert sich die Allianz an dem bewährten Konzept aus der Betriebsunterbrechungsversicherung, mit dessen Hilfe der entgangene Gewinn nach Eintritt einer Reputationsbeeinträchtigung ermittelt wird. Wenn also ein Unternehmen infolge eines Krisenvorfalls weniger Produkte verkauft, so kann der innerhalb einer Haftzeit von bis zu 180 Tagen entstandene Ertragsausfall ab Beginn der Reputationsbeeinträchtigung erstattet werden.

  • Schwerwiegende negative Ereignisse werden nicht geklärt
  • Anschuldigungen und Ermittlungen
  • Sicherheitsbedrohungen (inkl. Cyber-Angriffe und Terrorismus)
  • Verärgerte derzeitige oder frühere Beschäftigte
  • Mangelnde Produktsicherheit und Qualitätskontrolle
  • Schlechte Arbeitsbedingungen
  • Verletzungen von ethischen, sozialen oder Umweltschutzstandards
  • Verhalten der wichtigsten Interessengruppen
  • Generelles Fehlverhalten

Die Versicherung soll eine Hilfestellung bei der aktiven Bewältigung des Reputationsschadens eines Unternehmens bieten, insbesondere mit folgenden Elementen:

  • Finanzieller Reputationsschaden – Schutz vor vermindertem Netto-Betriebsgewinn aufgrund des Reputationsereignisses für bis zu 180 Tage, einschließlich der Kosten für die Beauftragung eines externen Sachverständigen zur Bezifferung des Schadens
  • Beratungskosten für die Behebung – verbunden mit den Kosten für externe Beratung zur Ermittlung der Grundursachen einer Krise und für künftige Präventivmaßnahmen
  • Permanente Reaktionsbereitschaft im Fall einer Reputationskrise – durch ein zuvor vereinbartes, durch Echtzeit-Medienüberwachung unterstütztes Beratergremium, das die Reputationsfolgen der Krise während und nach dem Ereignis beurteilt
  • Strategischer Medienanalysebericht –Aufdeckung von Schwachstellen und Bereitstellung einer unparteiischen Kommunikationsstrategie

Wenn Unternehmen den Allianz Service in Anspruch nehmen, haben sie unverzüglich Zugriff auf Media Tenor International, einen rund um die Uhr tätigen Medienbeobachtungsberater (Media Monitoring Consultant), der das Ausmaß der Krise bewertet und ihre Entwicklung verfolgt.

Wenn sich eine Reputationskrise ausbreitet, können Unternehmen zudem auf eine Auswahl führender Krisenkommunikationsfirmen zugreifen, die ihnen zu maßgeschneiderten Reaktionsmaßnahmen verhelfen und sicherstellen, dass ein Unternehmen mit einer Stimme spricht, sodass der Reputationsschaden minimiert wird. Die Versicherung deckt Beratungsgebühren sowie Kosten für die Krisenreaktion, wie zum Beispiel Interviews mit den Medien, Kundeninformationskampagnen oder Werbung.

Lochner erklärt, das Interesse an Allianz Reputation Protect PLUS nehme zu, insbesondere in Europa und seitens Firmen der Lebensmittel-, IT- und Tourismus-Branche.

„An Beispielen für Reputationsschäden, auf die wir im Kundengespräch verweisen können, mangelt es nicht“, so Albers, „aber normalerweise nennen die Unternehmen selbst Fälle, in denen sie negativ betroffen waren oder beinahe einen Schaden erlitten haben. Auf den ersten Blick könnte man meinen, man agiere erst, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, aber wer die Gefahr einer Krise schon einmal kennen gelernt hat, sieht den Nutzen.“ Das Reputationsmanagement sei nicht mehr nur ein Thema für das Marketing- oder Kommunikationsteam, sondern sollte bei jedem Risikomanager auf der Tagesordnung stehen.

Viele Unternehmen sind immer noch nicht hinreichend vor den Auswirkungen einer Reputationskrise geschützt und eine professionelle Reaktion kann durchaus einen Unterschied machen. Die Forschung zeigt, dass der Wert eines Unternehmens, das eine Reputationskrise effektiv bewältigt, im Folgejahr sogar um 6 % steigen kann. [9]

„Durch Allianz Reputation Protect PLUS wird auch der Abschluss von Cyberversicherungsverträgen gefördert, obwohl diese nicht verpflichtend sind, da es sich um zwei voneinander unabhängige Produkte handelt“, bemerkt Lochner. „Sobald Unternehmen eine Strategie festgelegt haben, sind sie für den Schaden, der durch einen Hackerangriff entstehen kann, wesentlich stärker sensibilisiert und legen großen Wert darauf, ihre Reputation zu versichern.“

Skandale und Reputationsschäden sind universelle Risiken, die jedes Unternehmen betreffen können. Somit ist es unerlässlich, dass Unternehmen und Vorstände in Bezug auf das Risikomanagement selbst die Initiative ergreifen:

  1. Ernennung eines „Reputational Executive“, der über die notwendige Glaubwürdigkeit und alle erforderlichen Ressourcen zur Bewältigung einer Krise verfügt.
  2. Die Hauptaufgabe des Reputational Executive besteht in der funktionsübergreifenden Beurteilung der Reputation eines Unternehmens und der Ermittlung der wichtigsten Risikofaktoren unter Einsatz von Medienanalysen, Clipping-Services, Studien, Meinungsumfragen und Schwerpunktgruppen, zusammen mit strategischer Medienbeobachtung zur Bestimmung der Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit.
  3. Gewährleistung des Abgleichs von Markenreputation und –performance: Dies kann zur Steuerung der Erwartung von Interessengruppen in Hinblick auf die Erfüllung der Treuepflichten beitragen und dabei helfen, festzustellen, wie gut die Strategie funktioniert.
  4. Schaffung einer effektiven Strategie für das Reputationsrisikomanagement, um im Falle eines Skandals eine sofortige und angemessene Reaktion sicherzustellen. Während eines Skandals können unerwartete Kosten durch eine Reputationsschadensversicherung für Unternehmen gedeckt werden, einschließlich Umsatzverlust, Beratergebühren und PR/Krisenreaktionskosten. Eine umfassende Versicherungslösung kann außerdem spürbare Vorteile in Form eines strategischen Medienanalyseberichts verschaffen, der alle potenziellen Schwachstellen im Plan offenlegt, sodass sie behoben werden können.
  5. Die Art und Weise, wie ein CEO auf eine Reputationskrise reagiert, kann über Wohl und Wehe einer Firmenreputation entscheiden und sich direkt auf Ertrag und Aktienpreis auswirken. Es ist wichtig, entschieden vorzugehen und in aller Aufrichtigkeit zu reagieren. 
Source: Adobe Stock.
[1] Bank Info Security, Equifax’s data breach costs hit $1.4 billion, 13. Mai 2019
[2] NY Times, Equifax to pay at least $650 million in largest-ever data breach settlement, 22. Juli 2019
[3] Market Watch, Equifax’s stock has fallen 31% since breach disclosure, erasing $5 billion in market cap, 14. September 2017
[4] Investor Place, Equifax stock investors are still paying for 2017 data breach, 29. März 2019
[5] CNBC, Europe’s huge privacy fines against Marriott and British Airways are a warning for Google and Facebook, 11. Juli 2019
[6] Aon and Pentland Analytics, 2018 Reputation Risk in the Cyber Age Report arning for Google and Facebook, July 11, 2019
[7] Freshfields, Bruckhaus Deringer LLP, 2013: Statista
[8] Brand Finance Global 500 Report 2012
[9] Aon and Pentland Analytics
This article is part of the our Global Risk Dialogue. Appearing twice a year, Global Risk Dialogue is the Allianz Global Corporate & Specialty magazine with news and expert insights from the world of corporate risk.
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